Foto: istockphoto (baibaz) Foto: istockphoto (baibaz)
AKTUELLES

Glutenfrei kochen und backen

Wird Klebereiweiß nicht vertragen, treten Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall auf. Doch man kann auch köstliche Speisen ohne Gluten zubereiten. Von Karin Rohre-Schausberger

Glutenunverträglichkeit zählt zu den häufigsten lebensmittelbedingten Krankheitsformen. Die chronische Erkrankung des Dünndarms wird durch eine Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten ausgelöst. Dieses ist in den meisten Getreidesorten enthalten,wie z. B. in Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Grünkern. Hafer ist von Natur aus glutenfrei – konventionell angebauter und verarbeiteter Hafer wird jedoch durch den Kontakt mit glutenhaltigem Getreide verunreinigt. 

Durch den Verzehr glutenhaltiger Speisen entzündet sich bei Menschen mit Zöliakie die Dünndarmschleimhaut – die Falten im Darm bilden sich zurück. Diese sogenannten Zotten sind zuständig für die Aufnahme und Verwertung der Nahrung. Werden sie zerstört, verkleinert sich die Schleimhautoberfläche, weniger Nährstoffe gelangen in den Körper und es kommt zu Mangelerscheinungen, die sich unter anderem durch folgende Symptome zeigen: 
• Übelkeit, Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust 
• Müdigkeit, Erschöpfung, Migräne, 
• Wachstumsstörungen, Knochen- und Gelenkbeschwerden 
• Depressionen 

Die Diagnose sollte unbedingt ein Mediziner stellen. Schnelltests für zu Hause sind keine Alternative! Der Arzt wird zunächst eine Antikörperbestimmung durchführen. Zur endgültigen Absicherung der Diagnose wird das Gewebe des Dünndarms untersucht, um typische Veränderungen der Dünndarmschleimhaut festzustellen. 

„Neben Zöliakie und Weizenallergie gibt es noch eine andere Form der Reaktion auf Gluten: die Gluten Sensitivität (GS). Wissenschaftler bezeichnen sie als Reaktion auf die Aufnahme von Gluten bei Fällen, in denen Zöliakie und Weizenallergie ausgeschlossen werden kann. Wie viele Menschen in Österreich davon betroffen sind, ist aufgrund der fehlenden Daten jedoch unklar, erklärt Mag. Marlies Gruber, Ernährungswissenschafterin vom „forum.ernährung heute“. „Zöliakie und Gluten Sensitivität ähneln sich in ihrer Symptomatik, jedoch werden bei der Gluten Sensitivität die Dünndarmzotten nicht beschädigt. Sie löst weder allergische noch autoimmune Mechanismen im Körper aus, führt aber zu einer Reihe von unangenehmen Symptomen. 

Es handelt sich stattdessen um eine Befindlichkeitsstörung mit Symptomen wie etwa Migräne, Bauchschmerzen, Durchfall, die nach kurzer Zeit unter glutenfreier Ernährung wieder verschwinden und nach aktuellem Wissensstand keine Folgeschäden hinterlassen.“ Die Diagnose ist bislang lediglich über den Ausschluss von Zöliakie und Weizenallergie möglich. Weitere Erforschung dieses Krankheitsbildes ist noch notwendig.

DIAGNOSE
Während Zöliakie und Weizenallergie gut erforscht sind, blieb eine Gluten Sensitivität bei vielen Betroffenen in der Vergangenheit oft unentdeckt. Denn die sensible Reaktion auf Gluten wurde häufig für Zöliakie gehalten. Mittlerweile ist klar, dass es sich dabei um eine weitere, eigenständige Form der Glutenunverträglichkeit handelt. Bis heute gibt es allerdings keine spezielle Diagnostik für diese Krankheit. 


Linderung durch glutenfreie Ernährung Handelt es sich tatsächlich um Gluten Sensitivität, muss die Ernährung umgestellt werden. Vorrangig geht es darum, auf Gluten lastige Lebensmittel zu verzichten. Welche Lebensmittel sind erlaubt und welche Produkte müssen vom Speiseplan gestrichen werden? Grundsätzlich sollte auf folgende Getreide verzichtet werden: Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Weizen, Grünkern und Kamut. Verarbeitet kommen diese Getreidesorten auch in Backwaren (z. B. Brot, Baguettes, Kuchen etc.), Keksen, Müsli, Knabbergebäck, Bier, Paniermehl und Teigwaren vor. Bei folgenden Produkten und Zutaten braucht man sich, laut Mag. Gruber, keine Sorgen machen: 
• Reis, Mais, Buchweizen, Hirse, 
• Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Maroni, 
• Amaranth, Quinoa, 
• Nüsse 
• Fleisch, Geflügel, Eier, 
• Milch und Milchprodukte wie Rahm, Joghurt oder Käse, 
• Zucker, Honig, Marmelade, 
• Tee, Kakaopulver 

Ein Verzicht auf glutenhaltige Nahrungsmittel führt bei Betroffenen in kurzer Zeit zu einem Rückgang und zur Linderung der spezifischen Symptome. Die Datenlage zeigt, dass bei der Gluten Sensitivität – im Gegenteil zur Zöliakie, bei der ein Leben lang auf glutenhaltige Lebensmittel verzichtet werden muss – in einigen Fällen eine geringe Menge an Gluten vertragen wird, ohne dabei Beschwerden zu entwickeln. Nach ein bis zwei Jahren glutenfreier Ernährung ist es also oftmals möglich, versuchsweise wieder geringe Mengen an Gluten aufzunehmen. 

Gluten Sensitivität und Reizdarm? Ein Zusammenhang zwischen Reizdarm und Zöliakie wird bereits seit mehreren Jahren erforscht und gilt als bestätigt. Manche Reizdarmpatienten merken durch eine glutenfreie Ernährung aber auch eine Besserung der Symptome, obwohl bei ihnen keine Zöliakie oder Weizenallergie vorliegt. Es wird somit vermutet, dass auch eine Verbindung zwischen Reizdarm und Gluten Sensitivität besteht. Die Betroffenen können ebenfalls von einer glutenfreien Ernährung profitieren.

 

DAS SOLLTEN SIE BEIM KOCHEN BEACHTEN
Glutenfreie Lebensmittel dürfen nicht mit Gluten kontaminiert werden. Achten Sie deshalb auf einen absolut sauberen Arbeitsplatz in Ihrer Küche – vor allem, wenn Sie sowohl glutenfrei als auch glutenhaltig kochen und backen. 
• Verwenden Sie für glutenfreie Produkte eigene Toaster und Brotschneidemaschinen. Gluten kann sich in Holzrillen festsetzen. Ersetzen Sie deshalb Kochlöffel, teigrollen und Schneidebretter aus Holz durch Gegenstände aus anderen Materialien. 
• Getreidemühlen für glutenfreies Mehl sollten mit glutenfreiem Getreide eingemahlen und nur für glutenfreie Getreidesorten benutzt werden. 
• Benutzen Sie bei gleichzeitiger Zubereitung von glutenfreien und glutenhaltigen Nudeln getrennte Kochtöpfe, verschiedene Löffel zum Rühren und zweierlei Nudelsiebe. 
• Bereiten Sie glutenfreies und glutenhaltiges Bratgut in verschiedenen Pfannen zu oder braten Sie zuerst Glutenfreies, stellen es dann warm und legen dann glutenhaltiges hinein. 
• Lagern Sie glutenfreie und glutenhaltige Backwaren immer getrennt!


ERLAUBTE LEBENSMITTEL
Getreide, Pseudogetreide und Süßgräser Amarant, Buchweizen, glutenfreier Hafer, Hirse, Mais, Quinoa, Reis, Wildreis 
Erdäpfel, Wurzeln & Co Esskastanie, Erdäpfel, Maniok, Süßkartoffel, Yams 
Hülsenfrüchte Bohne, Erbse, Kichererbse, Linse, Mungbohne, Sojabohne (Achtung, bei einigen Hülsenfrüchten können glutenhaltige Rank Hilfen zum Einsatz kommen) 
Gemüse, Kräuter, Pilze Alle naturbelassenen Gemüsesorten, Tiefkühl-Gemüse ohne Zusätze, Kräuter und naturbelassene Kräutermischungen, alle Sorten naturbelassener Pilze 
Nüsse und Samen Alle naturbelassenen Nusssorten, Mandeln, naturbelassene Öl Samen: Leinsamen, Mohn, Sesam, Sonnenblumen-, Trauben-, Kürbis- und Pinienkerne 
Obst Alle naturbelassenen Obstsorten, Tiefkühl-Obst ohne Zusätze. 
Süßungsmittel Haushaltszucker, Puderzucker, brauner und weißer Kandiszucker, Traubenzucker, Fruchtzucker, Zuckerrübensirup, Reissirup, Agavendicksaft, Apfeldicksaft, Milchzucker, Honig, Maltodextrin, Dextrin und Glukosesirup aus Weizen oder anderen Getreidesorten sind aufgrund des Herstellungsprozesses glutenfrei. 
Bindemittel und Stärkemehl Reine Mais-, Reis-, Erdäpfel- und Pfeilwurzelstärke, Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl, Agar-Agar, Pektin 
Backzutaten Weinsteinbackpulver, Trockenhefe, Xanthan, Früchte

INTERESSANTES

WELLNESS & WOHLBEFINDEN
Gesunde Reiseziele

ESSEN & GENIESSEN
Der Duft der großen, weiten Welt

SCHÖNHEIT & PFLEGE
Hallo, Sonnenkinder!

AKTUELLES
GUTE FRAGE: Wieso müffelt der Urin nach dem Spargelessen?

Angaben gem ECG und MedienGesetz: Medieninhaber, Hersteller und Herausgeber bzw. Diensteanbieter Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co KG, Zeitungs- und Zeitschriftenverlag (FBN 3394t, HG Wien; Komplementärin: FN 72716k)